2412 29.11.2024

Hitzebeständigkeit von Fenstermaterialien im Kontext von Flachdachanschlüssen

Im Bereich von Flachdachanschlüssen (Abdichtungsanschlüssen) an Fenstern werden die aufgebrachten Abdichtungsmaterialien häufig erwärmt bzw. verschweisst. Dies hat zur Folge, dass die Untergründe entsprechend hitzebeständig sein müssen. Diesen Aspekt greift auch die Norm SIA 271:2021 auf und definiert dazu folgendes.

Ziffer 6.7: Die eingesetzten Materialien müssen der kurzzeitigen Hitzeeinwirkung beim Aufschweissen der Abdichtung mit kleiner Flamme oder Heissluftgebläse standhalten

Nach Angaben verschiedener Hersteller von Abdichtungsmaterialien ist eine Mindesttemperatur von 200°C bis 250°C erforderlich, um das Bitumen ausreichend zu erwärmen, damit es sich gut mit dem Untergrund verbindet.

Im Bereich der verschiedenen Fenster- und Türenwerkstoffe und Zusatzmaterialien ergeben sich daraus zahlreiche Spannungsfelder, die es zu berücksichtigen gilt.

PVC-Fenster:

Die Vicat-Erweichungstemperatur für PVC-Fensterprofile liegt je nach Materialzusammensetzung zwischen 75 und 85°C. Dieser Wert gibt die Temperatur an, bei welcher das Material zu erweichen beginnt.

Das sogenannte „Schrumpfen“ von PVC-Fensterprofilen tritt bereits bei Temperaturen unterhalb der Vicat-Erweichungstemperatur auf. Dieser Effekt wird durch thermische Spannungen im Material verursacht, die bei der Verarbeitung (Extrusion) entstehen. Das Schrumpfen kann ab einer Temperatur von ca. 60 bis 70°C beginnen, wobei dies stark von der Lagerung, dem Alter und der Qualität des Profils abhängt. Wenn der «Schrumpf» einsetzt, führt dies in der Regel zu einer Verkürzung und oder Verformung des Profils.

Man kann also festhalten, dass auch bei Kunststofffenstern Vorsicht bei der Verarbeitung von thermisch applizierten Abdichtungen geboten ist.

Vollholz:

Für Bauteile aus Massivholz kann bezüglich der Wärmebeständigkeit folgendes festgehalten werden.

  • Aus SIA 265:2021 (7.3.7): Änderungen der Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften infolge Temperatureinwirkungen sind in der Regel bis zu einer Temperatur von 120 °C reversibel. Erst bei höheren Temperaturen tritt ein langsam zunehmender, irreversibler Abbau infolge Spaltung von Zellwandkomponenten und Pyrolyse ein. Bei thermisch modifiziertem Holz ist je nach Intensität der Modifikation und Beanspruchungsart teilweise mit einer erheblichen Abnahme der Festigkeit zu rechnen.
  • ETH Working Paper Holz und Wärme (R. Popper / 2005): Zwischen 100°C und 150°C sind die chemischen Veränderungen des Holzes unbedeutend. Ab 150°C tritt deutlich eine Zersetzung ein. Zwischen 150°C und 200°C schreitet die Dehydrierung des Holzes fort, mit ständigem Gewichtsverlust und exothermer Reaktion.

Temperaturen > 200°C sollten daher bei Nadelholz auch bei kurzzeitiger Einwirkung vermieden werden.

Purenit:

Der auf Polyurethan-Hartschaum basierende Funktionswerkstoff Purenit wird mittlerweile häufig als Rahmenverbreiterungsmaterial im Bereich der sogenannten Flachdachanschlüsse eingesetzt. Nach Herstellerangaben ist Purenit für den Einsatz in einem Temperaturbereich von ca. -50°C bis +100°C geeignet und kann kurzzeitig Temperaturen bis +250°C standhalten. Damit kann dieser Werkstoff im diskutierten Zusammenhang als eher unproblematisch angesehen werden. Natürlich ist auch hier die kurzzeitige Hitzeeinwirkung auf ein Minimum zu beschränken.

Tavapet:

Auch dies ist ein Verbundwerkstoff, welcher immer öfter als Rahmenverbreiterungsmaterial eingesetzt wird. Der Hartschaum besteht aus recyceltem PET und ist (ebenso wie Purenit) für seine guten Eigenschaften wie Wasserbeständigkeit, Frostbeständigkeit und gute Wärmedämmung bekannt. Gemäss Herstellerangaben beträgt die kurzzeitige, maximale Verarbeitungstemperatur der TAVAPET-Elemente 60 C. Da PET-Hartschaum in der Regel bei Temperaturen über 80 °C seine mechanischen Eigenschaften verlieren kann, ist generell Vorsicht geboten, wenn dieser Werkstoff hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Dies unabhängig von der Art einer möglichen äusseren Beplankung.

Compacfoam:

Auch dieser Leichtbau-Werkstoff wird oft als Rahmenverbreiterungsmaterial eingesetzt. Er zeichnet sich durch hohe Druckfestigkeit, gute Wärmedämmeigenschaften und geringes Eigengewicht aus. Bezüglich der Hitzebeständigkeit ist Compacfoam gemäss Herstellerangaben stabil bis zu einer Temperatur von 90°C. Weiter ist den Herstellerangaben folgendes zu entnehmen:

Eine Bitumenabdichtung im «Flämmverfahren» ist möglich. Allerdings muss der Verarbeiter darauf achten, dass er nicht direkt die Compacfoam Schwellenunterfütterung beflammt, sondern nur die Bitumenbahn und diese dann heiss aufklebt. Der kurzfristige Kontakt mit dem heissen Bitumen stellt normalerweise kein Problem dar.

Ganzmetall-Fenster (Aluminium):

Thermisch getrennte Profile von Aluminiumfenstern bestehen aus zwei Aluminiumprofilen, die durch ein thermisches Trennmaterial (meist Kunststoff, z.B. Polyamid oder glasfaserverstärktes Polyamid) verbunden sind. Die Wärmebeständigkeit der verschiedenen Profile hängt von den Eigenschaften der verwendeten Materialien ab.

Aluminium:

  • Aluminium ist sehr hitzebeständig und bleibt bei Temperaturen weit über 500°C stabil. Es beginnt erst bei ca. 660°C zu schmelzen.

Thermische Trennung (Kunststoffbauteile):

  • Für die thermische Trennung wird in der Regel Polyamid verwendet, das zur Erhöhung der Steifigkeit und Temperaturbeständigkeit häufig glasfaserverstärkt ist. Diese Werkstoffe sind kurzzeitig bis zu 250-300 °C hitzebeständig (z.B. bei Pulverbeschichtungsprozessen).

Auch diese Werkstoffgruppe kann daher im Zusammenhang mit kurzzeitigen Hitzeeinwirkungen als unproblematisch angesehen werden.

Hitzebedingte Schäden treten jedoch besonders häufig im Bereich der unteren Bauanschlussfuge auf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zur Fugendämmung verwendeten Materialien häufig nicht sehr hitzetolerant sind.

PU-Schaum:

Gemäss einschlägiger Literatur und Herstellerangaben beginnt sich PU-Schaum bei ca. 180°C zu zersetzen. Je nach Produkt können jedoch bereits ab ca. 100°C Strukturveränderungen auftreten.

Schafwolle:

Schafwolle ist nach einschlägiger Literatur bis ca. 180°C hitzebeständig. Ab dieser Temperatur beginnt die Wolle zu verspröden.

Stopfschnur (Stopf-Zopf):

Die Hitzebeständigkeit von Stopfschnüren aus Kleidungsresten ist sehr unterschiedlich, da sie aus verschiedenen Materialien bestehen können. Im Allgemeinen sind Textilien aus Baumwolle, Wolle oder synthetischen Fasern wie Polyester oder Nylon nicht besonders hitzebeständig. Bei Baumwolle z.B. treten ab ca. 150°C Strukturveränderungen auf und Polyester sowie Nylon beginnen ab ca. 160 – 180°C zu erweichen.

Mineralwolle-Produkte:

Die meisten Mineralwolle-Produkte (z.B. Steinwoll-Stopfprofil) sind sehr hitzebeständig und daher für den Einsatz im unteren Fugenbereich bei Flachdachanschlüssen gut geeignet.

Fazit:

Bei sämtlichen Werkstoffen, welche nicht für eine kurzfristige Wärmeeinwirkung von mindestens 200°C ausgelegt sind, muss bei thermischen Abdichtungsverfahren sehr vorsichtig vorgegangen werden, um Schäden zu vermeiden. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich auf ein sogenanntes «Kaltselbstklebesystem» auszuweichen oder zumindest einen sogenannten Hitzeschild einzusetzen, um einen direkten Kontakt zwischen Flamme und dem potenziell hitzeempfindlichen Untergrund zu vermeiden.

Haben Sie Fragen bei der Planung von Fenstern oder Türen? Unser Team hilft Ihnen gerne weiter.

    Quelle: OpenAI (KI generiertes Bild)