2407 19.07.2024

Widerstandsfähigkeit von Fenstern und Türen bei Windlast

Die sich ändernden klimatischen Bedingungen gehen mit einer Zunahme von Starkwind- und Sturmereignissen einher. Dies hat zur Folge, dass die Leistungseigenschaft «Widerstandsfähigkeit bei Windlast» an Bedeutung gewinnt. In der Fachwelt und bei den Planern ist diesbezüglich oft nur bekannt, dass im Kontext dieser Leistungseigenschaft eine Durchbiegungsbetrachtung der Hauptprofile bei definierten Prüfdrücken stattfindet. Diesbezüglich versuchen wir mit diesem Beitrag den Horizont etwas zu erweitern und zu zeigen, was sonst noch in dieser «Leistungseigenschaft» enthalten ist.

Die Prüfung der oben genannten Leistungseigenschaft erfolgt nach EN 12211, die entsprechenden Klassifizierungen werden dann nach EN 12210 vorgenommen.

Eine Prüfung nach EN 12211 setzt gemäß Kapitel 7.1 “Vorbereitung” voraus, dass der Probekörper zuvor einer Luftdurchlässigkeitsprüfung nach EN 1026 unterzogen wurde. Dies deshalb, weil die daraus resultierenden Werte und Klassifizierungen in Wechselwirkung mit der Widerstandsfähigkeit bei Windlast stehen.

Die folgende Abbildung aus der EN 12211 zeigt die Abfolge der Prüfdrücke, die der Probekörper während der Prüfung durchläuft.

Zunächst werden drei Druckstösse auf den Probekörper aufgebracht, die den nachfolgenden maximalen Durchbiegungsprüfdruck um 10 % übersteigen. Anschliessend wird der Druck P1 zur Messung der relativen frontalen Durchbiegung aufgebracht und die Durchbiegung unter Druck aufgezeichnet. Dieser Vorgang wird anschliessend mit Unterdruck wiederholt.

Es folgen 50 Sog-/Druckzyklen mit dem Prüfdruck P2 (50 % von P1). Nach Beendigung dieser Zyklen wird der Prüfkörper vom Prüfexperten untersucht, einschliesslich des Öffnens und Schliessens aller beweglichen Teile. Dabei dürfen keine sichtbaren «Mängel» auftreten und das Bauteil muss noch voll funktionsfähig sein.

Es folgt eine erneute Prüfung der Luftdurchlässigkeit nach EN 1026, wobei die Durchlässigkeit die Obergrenze der ursprünglich erreichten Klasse um maximal 20 % überschreiten darf. Kann dies nicht eingehalten werden, erfolgt eine Herabstufung der Luftdurchlässigkeitsklasse.

Am Ende des Prüfzyklus erfolgt die sogenannte Sicherheitsprüfung mit dem Druck P3 (150 % von P1). Auch dieser Zyklus wird wieder mit Druck und Sog für jeweils 7 Sekunden durchgeführt. Bevor die Kriterien für das Bestehen dieser Prüfung erläutert werden, sind nachfolgend die klassenabhängigen Prüfdrücke dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass für das Erreichen der heute häufig geforderten Klassen 3 oder 4 sehr hohe Prüfdrücke für die Sicherheitsprüfung erforderlich sind.

Nach der Sicherheitsprüfung muss der Probeköper noch folgende Anforderungen erfüllen.

  • Der Prüfkörper muss geschlossen bleiben
  • Es dürfen sich keine Teile lösen oder abfallen
  • «Defekte» wie verbogene Schliessteile, Spalt- oder Rissbildungen an Rahmenteilen sind zulässig, vorausgesetzt, dass sich keine Teile des Prüfkörpers lösen und der Prüfkörper ansonsten geschlossen bleibt.

Der letzte Punkt in obiger Aufzählung ist ab Klasse 3 (bzw. P3 von 1800 Pa) in der Regel nicht mehr mit der sogenannten Grundsicherheit eines Fensters erreichbar. Spätestens ab der Klasse 4 (P3 von 2400 Pa) müssen erfahrungsgemäss mehrere Sicherheitsschliessbleche mit Sicherheits-Pilzzapfen eingebaut werden, damit der Prüfkörper geschlossen bleibt. Dies wird in der Praxis oft nicht beachtet. So werden selbst bei mehrgeschossigen Bauten und einem Anforderungsprofil der Klasse 3 oder höher, häufig Fenster mit einer Beschlagsauslegung in der sogenannten Grundsicherheit ausgeführt.

Die Durchbiegungsklassen sind übrigens in der EN 12210 wie folgt definiert.

Daraus ergibt sich die Gesamtklassifizierung von Fenstern und Türen wie folgt.

In der Schweiz empfiehlt es sich im Rahmen von Ausschreibungen die Stufen der B-Klasse anzuwenden. Dies, weil die somit berücksichtigte Verformungsgrenze (L/200) den Produktnormen für Fenster und Türen (SIA 331 / SIA 343) entspricht.

Stehen Sie bei der Fenster- oder Türenplanung vor entsprechenden Fragen? Unser Team unterstützt Sie gerne.