2502 ■ 14.03.2025 / fensterinform gmbh ©
Folierte Kunststoff-Fenster: Optische Vielfalt mit Vor- und Nachteilen
Moderne Fenstertechnik bietet zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten – folierte Kunststoff-Fenster kombinieren Ästhetik mit hoher Funktionalität. Doch welche Vor- und Nachteile bringt diese Technik mit sich?
Wer bei Kunststoff-Fenstern nicht auf die natürliche Optik von Holz oder individuelle Farbakzente verzichten möchte, kann auf folierte Kunststoff-Fenster setzen. Dabei werden die Profile mit einer speziellen Dekorfolie überzogen, die verschiedene Designs ermöglicht – von Holzoptik über Metallfarben bis hin zu individuellen Mustern. Der Preis der folierten Profile ist dabei tiefer als bei Kunststoff-Fenstern mit einer Aluminiumdeckschale, welche ebenfalls aus gestalterischen Gründen verwendet wird. Auch aus ökologischen Überlegungen bieten folierte Profile Vorteile gegenüber einer Aluminiumdeckschale da sie weniger Ressourcen benötigen.
Die folierten Fenster haben gegenüber einer Ausführung mit einer Aluminiumdeckschale den grossen Vorteil, dass die äussere Abdichtung zum Baukörper ohne Ebenenversatz erstellt werden kann. Damit ist das Risiko, dass Meteorwasser die Aluminiumdeckschale hinterlaufen kann, deutlich geringer und es muss auch kein «Gewerkeloch» abgedichtet werden.
Eine Herausforderung kann jedoch das Erstellen einer Abdichtung auf den folierten Profilen bedeuten. Das gilt für eine Abdichtung mit spritzbaren Dichtstoffen oder Folienbändern, wie auch mit Flüssigkunststoff im Sockelbereich.
Worin liegt die Herausforderung einer Abdichtung auf folierten Profilen?
Folien für Fensterprofile werden, wie auch andere Oberflächenbeschichtungen, unter anderem darauf ausgelegt, dass sie einfach zu reinigen sind. Dazu werden einige Folientypen mit einer speziellen Deckschicht abgeschlossen, welche wasser- und schmutzabweisend ist. Was für die Fensterreinigung wünschenswert ist, kann für die Haftung von Dicht- und Klebstoff jedoch ein Nachteil sein.
Anforderung an die Abdichtung, normativer Exkurs
Damit eine Abdichtung auf folierten Profilen langfristig funktioniert, müssen zwei wesentliche Punkte erfüllt sein:
- die Haftung der Folie auf dem PVC-Profil muss sichergestellt sein
- die Haftung von Dichtstoff auf dem PVC-Profil, bzw. auf der Folie muss sichergestellt sein
Die Anforderungen an die Haftung, bzw. des Schälwiderstands der Folien auf dem Grundkörper sind dabei im technischen Anhang der RAL GZ 716, bzw. in der SN EN 17271:2020 (Kunststoffe – Profile auf Basis von Polyvinylchlorid – Bestimmung der Schälfestigkeit von mit Folien kaschierten Profilen) beschrieben.
Die minimale Haftung der Folie auf dem PVC-Profil muss dabei jedoch grösser sein als die entsprechende Vorgabe für die Untergrundfestigkeit nach SIA 271:2021 (Abdichtungen von Hochbauten). Dabei muss die Materialoberfläche (Untergrund) im Bereich von Abdichtungsanschlüssen eine Haftzugfestigkeit von mindestens 0.7N/mm2 aufweisen (SIA271:2021 / 6.7). Das entspricht etwas über 7 kg/cm2. Dieser Wert gilt nur für den Bereich von Abdichtungsanschlüssen, für flächige Abdichtungen oder sonstige, abweichende Anwendungen sind die Vorgaben entsprechend zu prüfen.
Die Haftzugfestigkeit und der Schälwiderstand sind beides mechanische Eigenschaften von Klebeverbindungen, unterscheiden sich jedoch grundlegend in der Art der Belastung und ihrem Einfluss auf die Verbindung. Die Haftzugfestigkeit beschreibt die Festigkeit einer Klebeverbindung bei senkrechtem Zug zur Klebefläche. Der Schälwiderstand beschreibt den Widerstand einer Klebung gegen eine schälende oder ablösende Kraft. Eine hohe Haftzugfestigkeit bedeutet dabei nicht unbedingt einen hohen Schälwiderstand. Schälbeanspruchung ist oft kritischer als reine Zugbeanspruchung, da sie die Klebeschicht ungleichmässig belastet und lokale Spannungsüberhöhungen erzeugt. Ein direkter Vergleich der beiden Werte ist also nicht möglich.
Der zweite Punkt ist die Haftung des Abdichtungsprodukts auf dem Untergrund. Bevor ein entsprechendes Produkt auf ein PVC-Profil appliziert wird, muss dessen Haftung getestet werden, sollte sie nicht bereits bekannt sein. Dies gilt für folierte PVC-Profile, für weisse Standard-PVC-Profile (ohne Folie) sowie auch für alle anderen betroffenen Oberflächen. Für die örtliche Haftungsprüfung von Polymerbitumen-Dichtungsbahnen oder Flüssigkunststoff kann dazu am Bau eine Schälzugprüfung von Hand durchgeführt werden. Die Vorgaben für die Prüfung von Hand sowie die Beurteilung finden sich in der SIA 271:2021 im Anhang D.
Für spritzbare Dichtstoffe kann am Bau ebenfalls ein vereinfachter Test von Hand durchgeführt werden. Nach welcher spezifischen Norm (bzw. in an Anlehnung an welche) dies geschehen soll, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und sollte in Absprache mit dem Dichtstofflieferanten definiert werden (z.B. nach DIN ISO 21194:2020). Bei der Beurteilung gilt dabei jedoch immer derselbe Grundsatz. Der Bruch muss immer zu 100% ein Kohäsionsbruch sein. Das heisst, der Bruch muss innerhalb des Dichtstoffs erfolgen und es darf keine Ablösungen vom Untergrund geben. Wenn die Dichtstoff-Probe bei der Schälzugprüfung vom Untergrund abgezogen werden kann (auch nur teilweise), liegt eine ungenügende Haftung vor.
Vorgehensempfehlung für das Erstellen einer Abdichtung auf PVC-Profilen, mit und ohne Folie:
Die Haftzugfestigkeit des Untergrunds ist zu prüfen, bzw. mit dem Lieferanten zu klären. Die Untergrund-Haftzugfestigkeit von 0.7N/mm2 muss im Bereich von Fensteranschlüssen durch den Fensterbauer sichergestellt werden.
Abdichtung mit spritzbaren Dichtstoffen (Silikone, Acryl oder Hybride)
- Rückfrage beim Lieferanten (oder Konsultation der technischen Datenblätter) über die allgemeine Anwendung des vorgesehenen Dichtstoffs, zur Untergrundvorbereitung und zum Einsatz von Primern für die vorhandenen Oberflächen
- Hand-Schälzugprüfung an den betroffenen Oberflächen vor Ort (am Fensterprofil und falls nötig auch am Baukörper)
Hier gilt es zu erwähnen, dass viele Dichtstoffe ohne Vorbehandlung mit Primer / Haftvermittler auch keine genügende Haftung auf weissen Standard-PVC-Profilen erreichen!
Abdichtung mit Flüssigkunststoff auf weissen PVC-Profilen
- Verarbeitung gemäss den Vorgaben des FLK-Lieferanten; meist genügt ein Aufrauen der Oberfläche mit einem groben Schleifpapier.
- Hand-Schälzugprüfung auf den vorbehandelten PVC-Profilen (wir empfehlen min. 1 Prüfung pro Objekt)
- Rahmenprofile und Rahmenverbreiterungen müssen separat geprüft werden, wenn die Abdichtung auf beiden Profiltypen appliziert wird!
Abdichtung mit Flüssigkunststoff auf folierten PVC-Profilen
- Für eine direkte Applikation auf ein foliertes Profil wird eine Freigabe des Profil- oder Folienlieferanten sowie vom Flüssigkunststoff-Hersteller benötigt. Dabei muss die Haftung des Flüssigkunststoffs auf der Folie geprüft werden, wie auch jene der Folie auf den PVC-Profilen.
- Ohne entsprechende Freigabe gilt: Abschleifen der gesamten Folie im Anschlussbereich des Flüssigkunststoffs
- Hand-Schälzugprüfung auf den vorbehandelten PVC-Profilen, wir empfehlen min. 1 Prüfung pro Objekt
