2406 ■ 31.05.2024
Bedienkräfte von Fenstern, Hebeschiebetüren und Türen
Das Thema der Bedienkräfte von Fenstern, Hebeschiebetüren und Türen gewinnt immer mehr an Bedeutung und Wichtigkeit. Zum einen, weil vernünftigerweise immer mehr darauf geachtet wird, dass Fenster und Türen von allen Anspruchsgruppen problemlos bedient werden können. In diesem Zusammenhang ist es gut, sich in die Lage einer älteren Person, eines Kindes, eines Rollstuhlfahrers oder einer anderweitig beeinträchtigten Person zu versetzen. Auch die moderne Architektur und unser Bedürfnis nach Sicherheit und Ruhe haben einen entscheidenden Einfluss auf die Bedienbarkeit von Fenstern und Türen. Es liegt auf der Hand, dass Fenster und Türen, die immer grösser und schwerer werden, auch schwieriger zu bedienen sind. So müssen für einen ausreichenden Schallschutz oft sehr schwere Isoliergläser eingesetzt werden. Wird ein erhöhter Einbruchschutz gewünscht, müssen zudem deutlich mehr Verschluss- bzw. Verriegelungselemente eingebaut werden, deren Schliesskräfte (in der Regel durch Reibung) alle durch die Schliessbetätigung (durch Fenster- oder Türgriff) überwunden werden müssen.
Die Bedienung von Fenstern und Türen unterteilt sich in die Bedienung des Verschlusses bzw. der Verriegelung und in das «in Bewegung setzen und halten» des Fensters oder der Tür.
Wie sehen nun die gesetzlichen und normativen Anforderungen bezüglich zulässiger Bedienkräfte aus?
In der Schweiz regelt das Bauproduktegesetz bzw. die Bauprodukteverordnung das Inverkehrbringen von entsprechend harmonisierten Bauprodukten wie Fenster und Türen. Darauf aufbauend gibt die Produktnorm für Fenster und Türen (SN EN 14351-1) vor, welche Parameter bei Fenstern und Türen im Rahmen einer Inverkehrbringungsprüfung geprüft bzw. ermittelt werden müssen. Für die Bedienkräfte ist festgelegt, dass diese für Fenster und Aussentüren nach folgenden Normen geprüft und klassifiziert werden müssen:
– SN EN 12046-1 Bedienungskräfte – Prüfverfahren – Teil 1: Fenster
– SN EN 13115 Fenster – Klassifizierung der mechanischen Eigenschaften – Vertikallasten, Torsion und Gebrauchslasten
– SN EN 12046-2 Gebrauchskräfte – Prüfverfahren – Teil 1: Türen
– SN EN 12217 Türen – Gebrauchskräfte – Anforderungen und Klassifizierung
Nach den oben genannten Normen können folgende Werte klassifiziert werden.
Für Fenster (Türen) nach SN EN 13115:
Für Türen nach SN EN 12217:
Wir können also festhalten, dass die für die Betätigung von Fenstern und Türen aufzubringenden Kräfte klassifiziert bzw. eingeteilt werden können.
Wie werden nun die entsprechenden Anforderungen in Projekten korrekt festgelegt?
Für die Planung, Herstellung und Montage von Fenstern und Türen gelten in der Schweiz die SIA-Normen 331 (Fenster und Fenstertüren) und 343 (Türen und Tore).
In der SIA 331 gehören die Bedienkräfte nicht zu den so genannten Grundanforderungen und sind deshalb in den allgemeinen Bedingungen für Fenster und Fenstertüren (SIA 118/331) auch nicht als explizit im Leistungsverzeichnis aufzuführen deklariert. Das bedeutet, dass entsprechende Klassierungsanforderungen vom Bauherrn explizit bestellt und der ausschreibenden Stelle so mitgeteilt werden müssen.
Eine Ausnahme bilden öffentlich zugängliche Bauten (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulen etc.). Die SIA-Norm 500 (Hindernisfreie Bauten) – welche auf dem Behindertengleichstellungsgesetz und der Behindertengleichstellungsverordnung basiert – gibt in der entsprechenden Kategorie 1 für öffentlich zugängliche Bauten vor, dass die Kraft zum Öffnen von Türen maximal 30 Newton betragen darf. Dies in Bezug auf das in Bewegung setzen des Türflügels und das Aufrechterhalten der Türflügelbewegung. Für die Kategorien 2 (Wohnbauten) und 3 (Bauten mit Arbeitsplätzen) definiert die SIA 500 aktuell keine Mindestanforderungen.
Dies bedeutet, dass bei öffentlich zugänglichen Bauten die Bedienkräfte von Fenstertüren in der Klasse 2 (nach SN EN 13115) und von Türen in der Klasse 3 (nach SN EN 12217) bestellt bzw. vereinbart werden sollten.
Dieses Anforderungsprofil ist sehr hoch und kann oftmals nicht mit manuellen Bedienungseinrichtungen (normaler Fenster- oder Türgriff, Griffstange etc.) erfüllt werden. Sobald an Türen ein Türschliesser montiert wird, muss beim Öffnen auch diese Kraft überwunden werden. Es ist daher frühzeitig zu überlegen, ob eine Motorisierung entsprechender Türen zielführend ist.
Generell empfehlen wir, für die Bedienkräfte von Fenster und Türen mindestens die Klasse 1 auszuschreiben bzw. zu vereinbaren. Dies, um einen Mindestbedienkomfort für die Nutzer zu gewährleisten. Zudem nennt die SIA 331:2012 im Anhang D die Klasse O nicht als mögliches Anforderungsniveau (lediglich Klasse 1 und 2), womit diese Klasse nicht als Grundlage für die werkvertragliche Vereinbarung verwendet werden sollte.
Besondere Beachtung sollte dieser Thematik auch bei Altenheimen, Schulen und Krankenhäusern geschenkt werden.
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