2501 24.01.2025 / fensterinform gmbh ©

Eckenrisse bei PVC-Fenstern

Kunststofffenster haben sich in den letzten Jahrzehnten bei Bauherren und Planern etabliert. Sie sind wartungsarm, langlebig und bieten hervorragende Dämmwerte. Insbesondere bei dunkel folierten oder lackierten Profilen können jedoch Eckenrisse auftreten – ein Problem, das sowohl ästhetische als auch funktionale Auswirkungen haben kann.

Eckenrisse entstehen durch Zugspannungen, die auf die verschweissten Profilecken einwirken. Die Spannungen können einerseits durch eine unsachgemässe Verarbeitung oder Montage entstehen. Anderseits können thermische Verformungen dafür verantwortlich sein. Das Entstehen von Eckenrissen an PVC-Fenster kann, nach unseren Erkenntnissen, mehrere Ursachen haben. In vielen Fällen ist nicht nur eine einzelne Einwirkung für die Eckenrisse verantwortlich, sondern eine Kombination von mehreren.

Mögliche Ursachen / Parameter für die Eckenrisse 

In der Fensterproduktion ist der korrekte Schweissvorgang ein wesentlicher Punkt für die Eckfestigkeit. Dabei müssen Parameter wie die Schweisstemperatur, die Schweissdauer und der sogenannte Abbrand stimmen. Die Stahlarmierung ist bei konventionellen PVC-U Profilen die wichtigste Massnahme, um die materialbedingten thermischen Längenausdehnungen, einzuschränken. Dabei ist neben dem richtig dimensionierten Stahlprofil auch deren Länge und Befestigung massgebend. Die sogenannte Putzfräsung der Schweisswulst, hat ebenfalls eine Auswirkung auf die Stabilität der Verbindung. Zu den vorgängig genannten Punkten finden sich in der Regel konkrete Vorgabe in den Verarbeitungsrichtlinien der Systemhäuser.

Erfahrungen aus dem Raum Deutschland lassen weiter auch die Vermutung zu, dass bei der neueren Schweisstechnik mit V-Fuge häufiger Eckenrisse auftreten als bei der konventionellen Schweissung mit Putzfräsung. Diese Schweisstechnik wird häufig bei folierten Fenstern eingesetzt da dadurch ein optisch schöneres Bild entsteht.

Bei der Montage ist unter anderem die Art und die Position der Rahmenbefestigung wesentlich. Zu nahe an den Rahmenecken gesetzte Befestigungspunkte können den Rahmen zu stark «einspannen». Da sich die Fensterprofile auch mit Stahlarmierung bei Temperaturveränderungen in der Länge verändern, darf die Montageart die Bewegungen nicht zu stark einschränken. PVC-U hat einen Längenausdehungskoeffizient von ca. 0.08 mm/mK, auf eine Profillänge von 2 m und einer Temperaturveränderung von 30 °C liegt die Materialausdehnung beispielsweise bei ca. 4.8 mm. Wenn die PVC-U Profile mit einer Stahlarmierung verstärkt sind, reduziert sich die Ausdehnung erfahrungsgemäss auf ca. 0.03 mm/mK, also auf noch ca. 1.8 mm, bei den oben genannten Bedingungen. Auch zum Thema Montage gibt es in der Regel konkrete Vorgaben der Systemgeber, welche für eine langfristig schadenfreie Konstruktion zu berücksichtigen sind.

Eine wichtige, materialbedingte Eigenschaft von PVC-U, die Eckenrisse begünstigt, ist der sogenannte „Schrumpf“. Dieser wird durch die Profilerwärmung aufgrund von Sonneneinstrahlung und das anschliessende Abkühlen der verbauten Profile ausgelöst. Im Verlauf dieses Vorgangs treten eine Rückstellung von Molekülorientierungen und die Relaxation von Eigenspannungen auf, die während des Verarbeitungsprozesses der Extrusion entstehen. Die durch die Extrusion entstehenden Spannungen innerhalb der Profile werden folglich durch den Schrumpfungsprozess gelöst, sodass das Profil nach dem Abkühlen kürzer ist als vor der Sonneneinstrahlung. Dieser Vorgang, welcher erst im eingebauten Zustand stattfindet, manifestiert sich als kritische Formveränderung. Die erforderliche Temperatur, um diesen Vorgang zu initiieren, ist dabei in erster Linie abhängig von der Zusammensetzung des PVC sowie den Profilwanddicken. Der Prozess kann bereits bei einer Materialtemperatur von ca. 60°C anlaufen und nimmt an Intensität zu, je höher die Erwärmung des Profils ist. Die Temperatur, bei der der Schrumpfprozess initiiert wird, liegt folglich unter der Vicat-Erweichungstemperatur (VST/B50, Prüfung nach SN EN ISO 306:2022). Letztere bezeichnet die Temperatur, ab der das Material unter einer definierten Last zu erweichen beginnt. Der Schrumpfvorgang ist exponentiell abnehmend und stoppt, sobald sämtliche Spannungen in den Profilen abgebaut sind.

Was bedeutet der Schrumpf nun in Bezug auf die Eckenrisse?

Durch das Zusammenziehen der erwärmten Profilbereiche entsteht eine Kraft, die an den verschweissten Gehrungen zieht. Wenn die Zugkraft auf die Verschweissung zu gross wird, reissen die Ecken. Vom Schrumpf betroffen sind dabei nur die Profilwandungen / Profilbereiche die stark erwärmt werden (i.d.R. die äussersten Wandungen). Die restlichen Profilzonen bleiben auf dem ursprünglichen Mass und schrumpfen nicht. Dadurch entsteht ein Spannungsungleichgewicht innerhalb der Profile, was zu einer Verformung führen würde, wären die Profile nicht durch die Montage fixiert. Eingebaut, können sich die Profile aber nur bedingt verformen und der Schrumpf wirkt sich als Zugkraft auf die Gehrungsecken aus.

Fakt ist, thermisch bedingte Eckenrisse treten ausschliesslich an sonnenbeschienen Fassadenseiten, und fast ausschliesslich an den unteren Ecken von Blendrahmenprofilen auf. Die betroffenen Profile sind dabei meistens mit dunklen Folien oder Farbe beschichtet. Weisse Profile sind von thermisch bedingten Eckenrissen nur selten betroffen; warum?

Weisse Fensterprofile erreichen bei direkter Sonneneinstrahlung eine Oberflächentemperatur von ca. 50°C, bei dunklen Profilfarben (z.B. anthrazit) kann die Oberflächentemperatur bis auf ca. 72°C ansteigen. Zusätzlich kann eine reflektierende Fensterbank (o.ä.) die Oberflächentemperatur an den unteren Profilen um bis zu 10 °C erhöhen. Die Temperatur von weissen Profilen bleibt also in der Regel unter dem Bereich, in welchem der Schrumpf ausgelöst wird.

Was kann man bei der Planung beachten? 

Davon ausgehend, dass die Fenster ordnungsgemäss produziert und montiert wurden, können folgende Punkte das Risiko von Eckenrissen minimieren.

Planung:

  • Wenn folierte Fenster projektiert werden, dann möglichst solche mit hellen Folien / Farben verwenden, damit die Oberflächentemperatur möglichst tief bleibt und der «Schrumpf» möglichst nicht ausgelöst wird.
  • Möglichst gering reflektierende Fensterbänke und Fensterzargen einsetzen, da diese ansonsten die Profiltemperaturen stark erhöhen können.
  • Bei der Planung von Fensteranschlüssen sollte darauf geachtet werden, dass an den besonnten Fensterprofilen ausreichend Luftzirkulation gewährleistet ist, welche zum Abkühlen der Profile beiträgt. Beispielsweise ist die äussere Luftanströmung bei einem Fenster mit sehr tiefer Fensterbank/Leibung geringer als bei Fenstern, welche weiter aussen im Fassadenaufbau positioniert sind. Dieser Punkt birgt im Kontext der zunehmend dickeren Wandaufbauten ein erhebliches Spannungsfeld. Dies, da auch raumseitig tiefe Fenstereinsprünge nicht optimal sind. Dies jedoch im Zusammenhang mit Oberflächenkondensat und Schimmelpilz-Bildung aufgrund ungenügender Luftanströmung und Erwärmung.

Fensterbau / Systemgeber:

  • Korrekte Verarbeitung gemäss den Vorgaben des Systemgebers
  • Die maximale Länge von farbigen/dunklen Profilen reduzieren, in Rücksprache mit dem Systemgeber
  • Folien oder Farben mit einer möglichst hohen Reflektion verwenden damit die Wärmeaufnahme an den Profilen reduziert wird
  • Für farbige Profile solche der Klasse A mit einer äusseren Wandstärke von 3mm einsetzen und nicht die Klasse B mit 2.7mm (gemäss SN EN 12608-1+A1:2021).

Aus technischer Sicht wäre ein vorgängiges «Tempern» der Profile wünschenswert. Durch das Tempern würde der Schrumpf bereits vor dem Zuschnitt der Profile ausgelöst und wäre somit beim Einbau abgeschlossen. Gemäss unserem Wissensstand wurde dies in verschiedenen System- und Herstellerhäusern schon mehrfach besprochen, aber noch von keinem Systemgeber oder Hersteller von Kunststoff-Fenster generell umgesetzt.

Die technischen Grenzen sind also bei dunkel folierten oder lackierten Fensterprofilen tiefer als bei weissen Kunststoff-Fensterprofilen, diese muss von der Planung bis zum Einbau berücksichtigt werden.

Dunkle Aluminium-Vorsatzschalen bei PVC-Fenstern 

Natürlich stellt sich die Thematik der Profilerwärmung auch bei PVC-Fenstern mit dunklen Aluminium-Vorsatzschalen. Aufgrund unserer Erfahrung wissen wir, dass die oben beschriebene Grundproblematik auch bei diesen Fensterkonstruktionen vorhanden ist. Da die entsprechenden Ecken jedoch im eingebauten Zustand nicht mehr einsehbar, bzw. nicht mehr einfach kontrollierbar sind, fehlen hier umfangreichere Erfahrungswerte aus der Praxis. Aus diesem Grund ist eine entsprechende Quantifizierung nur schwer vorzunehmen und wir empfehlen auch bei diesen Konstruktionen nur Deckschalen mit möglichst hellen Farbtönen zu verwenden.

Wir werden uns auch zukünftig intensiv mit dieser Grundsatz-Thematik auseinandersetzen und werden Sie auf diesem Wege wieder informieren, sobald wir konkrete Empfehlungen zu den Hellbezugs- und TSR-Werten (Total Solar Reflectance) von beschichteten PVC-Fensterprofilen mitteilen können. Bis dahin sollten diese weiterhin situativ und in Rücksprache mit den Beschichtungslieferanten und Systemhäusern definiert werden.

Haben Sie Fragen bei der Planung von Fenstern oder Türen? Unser Team hilft Ihnen gerne weiter.

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